Tida Meran

TidA – Theater in der Altstadt

Vom Theaterexperiment zur Kulturinstitution in Meran

Die‌ ‌Geschichte‌ ‌des‌ ‌Theaters‌ ‌in‌ ‌der‌ ‌Altstadt‌ ‌beginnt‌ ‌im‌ ‌letzten‌ ‌Jahrhundert‌ ‌und‌ ‌ist‌ ‌aus‌ ‌dem‌ ‌Traum‌ ‌eines‌ ‌aus‌ ‌Wien‌ ‌zurückgekehrten‌ ‌Studenten‌ ‌entstanden,‌ ‌der‌ ‌in‌ ‌Meran‌ ‌auf‌ ‌eine‌ ‌Gruppe‌ ‌aufmüpfiger,‌ ‌mutiger‌ ‌Laienschauspieler‌ ‌und‌ ‌Theaterliebhaber‌ ‌traf.‌ ‌Es‌ ‌war‌ ‌eine‌ ‌Zeit‌ ‌künstlerischen‌ ‌Aufbruchs‌ ‌und‌ ‌gesellschaftlicher‌ ‌Veränderungen‌ ‌mit‌ ‌großem‌, ‌kreativem ‌Potenzial.‌ ‌Die‌ ‌Anfänge‌ ‌waren‌ ‌voller‌ ‌Enthusiasmus‌ ‌und‌ ‌Pioniergeist.‌ ‌Der‌ ‌Weg‌ ‌war‌ ‌lang‌ ‌und‌ ‌oft‌ ‌holprig,‌ ‌doch‌ ‌das‌ ‌Resultat‌ ‌kann‌ ‌sich‌ ‌sehen‌ ‌lassen…

Der‌ ‌Anfang‌ ‌der‌ ‌Zeiten‌

Am‌ ‌20.11.1990‌ ‌wurde‌ ‌das‌ ‌‌Theater‌ ‌in‌ ‌der‌ ‌Altstadt‌‌ ‌offiziell‌ ‌eröffnet.‌ ‌Damals‌ ‌war‌ ‌seine‌ ‌Spielstätte‌ ‌der‌ ‌St.Nikolaus-Saal‌ ‌am‌ ‌oberen‌ ‌Pfarrplatz.‌ ‌Bereits‌ ‌seit‌ ‌einigen‌ ‌Jahren‌ ‌hatten‌ ‌sich‌ ‌dort‌ ‌die‌ ‌Kräfte‌ ‌geeint:‌ ‌die‌ ‌Spielstätte,‌ ‌welche‌ ‌bis‌ ‌dato‌ ‌vom‌ ‌bereits‌ ‌sehr‌ ‌aktiven‌ ‌‌Theater‌ ‌in‌ ‌der‌ ‌Klemme‌‌ ‌unter‌ ‌Franco‌ ‌Marini‌ ‌genutzt‌ ‌wurde,‌ ‌und‌ ‌in‌ ‌der‌ ‌auch‌ ‌eine‌ ‌junge‌ ‌Gruppe‌ ‌experimentelles‌ ‌Theater‌ ‌erproben‌ ‌wollte,‌ ‌öffnete‌ ‌sich‌ ‌nun‌ ‌auch‌ ‌dem‌ ‌ambitionierten‌ ‌Projekt‌ ‌Rudi‌ ‌Ladurners.‌ ‌Aus‌ ‌Wien‌ ‌zurückgekehrt,‌ ‌nach‌ ‌dem‌ ‌Studium‌ ‌der‌ ‌Theaterwissenschaften‌ ‌und‌ ‌einer‌ ‌sechsjährigen‌ ‌Erfahrung‌ ‌als‌ ‌Regieassistent‌ ‌am‌ ‌Burgtheater,‌ ‌wollte‌ ‌dieser‌ ‌ein‌ ‌professionelles‌ ‌Theater‌ ‌für‌ ‌Meran‌ ‌und‌ ‌Südtirol‌ ‌aufbauen‌ ‌mit‌ ‌fixer‌ ‌Spielstätte‌ ‌und‌‌ ‌kontinuierlichem‌ ‌Programm.‌ ‌Büchners‌ ‌‌Leonce‌ ‌und‌ ‌Lena‌‌ ‌war‌ ‌die‌ ‌erste‌ ‌Produktion‌ ‌im‌ ‌neuen‌ ‌Theater‌ ‌in‌ ‌der‌ ‌Altstadt‌, ‌und‌ ‌viele‌ ‌Laienschauspieler‌ ‌des‌ ‌Theaters‌ ‌in‌ ‌der‌ ‌Klemme‌ ‌(Franco,‌ ‌Hansi‌ ‌und‌ ‌Raimund‌ ‌Marini,‌ ‌Priska‌ ‌Kröss,‌ ‌Oswald‌ ‌Waldner‌ ‌u.a.)‌ ‌trafen‌ ‌auf‌ ‌jüngere,‌ ‌aufstrebende‌ ‌Talente,‌ ‌wie‌ ‌z.B. Manfred‌ ‌Schweigkofler.‌ ‌Der‌ ‌Pfarrsaal‌ ‌wurde‌ ‌zu‌ ‌einem‌ ‌richtigen‌ ‌Theater‌ ‌mit‌ ‌einem ‌vielseitigen‌ ‌Programmangebot:‌ ‌Zu‌ ‌den‌ ‌jährlichen‌ ‌Aufführungen‌ ‌des‌ ‌Theaters‌ ‌in‌ ‌der‌ ‌Klemme,‌ ‌zwischen‌ ‌Kindertheater‌ ‌und‌ ‌aufmüpfiger‌ ‌Tradition‌ ‌(Karl‌ ‌Valentin,‌ ‌Nestroy,‌ ‌Dario‌ ‌Fo)‌ ‌reihten‌ ‌sich‌‌ ‌experimentell‌ ‌frische‌ ‌Eigenproduktionen‌ ‌der‌ ‌„Kleinen‌ ‌Klemme“‌ ‌(Enantiodromia,‌ ‌Das‌ ‌Wunder,‌ ‌Gott‌ ‌hat‌ ‌den‌ ‌Sommer‌ ‌mit‌ ‌Fliegen‌ ‌erschlagen)‌ ‌und‌ ‌der‌ ‌institutionelle‌ ‌Weg‌ ‌mit‌ ‌internationalem‌ ‌Flair‌ ‌des‌ ‌ZeitTheaters‌ ‌von‌ ‌Rudi‌ ‌Ladurner‌ ‌(Heiner‌ ‌Müller,‌ ‌Cechov,‌ ‌Büchner).‌ ‌ ‌

Dieser‌ ‌Traum‌ ‌hat‌ ‌nicht‌ ‌lange‌ ‌gedauert.‌ ‌Bereits‌ ‌1992‌ ‌wollte‌ ‌der‌ ‌Meraner‌ ‌Pfarrgemeinderat‌ ‌den‌ ‌Nikolaussaal‌ ‌verstärkt‌ ‌für‌ ‌religiöse‌ ‌Zwecke‌ ‌nutzen‌ ‌und‌ ‌der‌ ‌Mietvertrag‌ ‌mit‌ ‌dem‌ ‌Theater‌ ‌wurde‌ ‌nicht‌ ‌mehr‌ ‌verlängert.‌ ‌Meran‌ ‌drohte‌ ‌das‌ ‌Theater‌ ‌in‌ ‌der‌ ‌Altstadt‌ ‌zu‌ ‌verlieren.‌ ‌Doch‌ ‌die‌ ‌vielen‌ ‌Reaktionen‌ ‌der‌ ‌Meraner‌ ‌Bürger*innen‌ ‌und‌ ‌der‌ ‌Ruf‌ ‌nach‌ ‌dem‌ ‌Fortbestand‌ ‌des‌ ‌Theaters‌ ‌veranlassten‌ ‌Rudi‌ ‌Ladurner‌ ‌und‌ ‌seine‌ ‌Weggefährten‌‌ ‌eine‌ ‌neue‌ ‌Spielstätte‌ ‌zu‌ ‌suchen.‌

Bild entfernt.
Alto Adige 1992

Theater‌ ‌im‌ ‌Keller‌ ‌–‌ ‌Kellertheater‌

Nach‌ ‌kurzer‌ ‌Zeit‌, ‌auch dank‌ ‌der‌ ‌Intervention‌ ‌einiger‌ ‌Politiker‌ ‌und‌ ‌Vertreter‌ ‌der‌ ‌Kurverwaltung‌, ‌konnte‌ ‌der‌ ‌Heizraum‌ ‌des‌ ‌Kurhauses‌ ‌als‌ ‌mögliche‌ ‌Spielstätte‌ ‌ausgemacht‌ ‌werden.‌ ‌Der‌ ‌Amphitheater-förmige‌ ‌Kellerraum‌ ‌wurde‌ ‌ausgebaut‌ ‌und‌ ‌eingerichtet‌ ‌und‌ ‌bot‌ ‌so‌ ‌der‌ ‌Vision‌ ‌Rudi‌ ‌Ladurners‌ ‌endlich‌ ‌ein‌ ‌fixes‌ ‌Zuhause:‌ ‌„nur“‌ ‌120‌ ‌Sitzplätze,‌ ‌keine‌ ‌Kulissen,‌ ‌kein‌ ‌Schnürboden,‌ ‌keine‌ ‌Künstlergarderoben,‌ ‌aber‌ ‌ein‌ ‌eigenes‌ ‌Haus!!!‌ ‌Meran‌ ‌hatte‌ ‌endlich‌ ‌ein‌ ‌eigenes,‌ ‌produzierendes,‌ ‌professionelles‌ ‌Theater!‌ ‌Die‌ ‌Uraufführung‌ ‌des‌ ‌Stückes‌ ‌Das‌ ‌Ende‌ ‌der‌ ‌Zeiten‌ ‌von‌ ‌Hanspeter‌ ‌Demetz‌ ‌eröffnete‌ ‌am‌ ‌4.Mai‌ ‌1993‌ ‌das‌ ‌neue‌ ‌Theater‌ ‌in‌ ‌der‌ ‌Altstadt‌ ‌in‌ ‌der‌ ‌Freiheitsstraße‌ ‌27.‌ ‌
Es ‌wurden sieben‌ ‌bis‌ ‌neun‌ ‌Eigenproduktionen‌ ‌im‌ ‌Jahr‌ ‌geboten,‌ ‌junge‌ ‌Bühnentalente‌ ‌konnten‌ ‌ihre‌ ‌Kräfte‌ ‌messen‌ ‌und‌ ‌zu‌ ‌erfahrenen‌ ‌und‌ ‌erfolgreichen‌ ‌Schauspieler*innen‌ ‌und‌ ‌Regisseur*innen‌ ‌heranwachsen.‌ ‌Eine kontinuierliche‌ ‌Programmgestaltung ‌garantierte‌ ‌dem‌ Meraner‌ ‌bzw.‌ ‌Südtiroler‌ ‌Publikum‌ ‌ein‌ ‌zuverlässiges,‌ ‌abwechslungsreiches‌ ‌und erschwingliches‌ ‌Theatererlebnis.‌ ‌Und‌ ‌das‌ ‌bis‌ ‌heute.‌

2000‌ ‌Odyssee‌ ‌im‌ ‌Kelleraum‌

Das‌ ‌Theater‌ ‌in‌ ‌der‌ ‌Altstadt‌ ‌ist‌ ‌nicht‌ ‌mehr‌ ‌aus‌ ‌Meran,‌ ‌nicht aus‌ ‌Südtirol‌ ‌wegzudenken:‌ ‌ca. ‌300‌ ‌Eigenproduktionen,‌ ‌fast‌ ‌9000‌ ‌Besucher‌*innen ‌jährlich,‌ ‌unverkennbare‌ ‌Plakate,‌ ‌welche‌ ‌Wohnungen in‌ ‌halb‌ ‌Europa‌ ‌zieren‌ ‌und‌ ‌ein‌ ‌Nährboden‌ ‌junger‌ ‌und‌ ‌erfahrener‌ ‌Schauspieler*innen,‌ ‌Regisseur*innen,‌ ‌Bühnenbildner*innen,‌ ‌Musiker*innen,‌ ‌die‌ ‌es‌ ‌beleben‌ ‌und‌ ‌bereichern.‌ ‌Das‌ ‌professionelle‌ ‌Theater‌ ‌ist‌ ‌in‌ ‌Südtirol‌ ‌etabliert,‌ ‌auch‌ ‌sein‌ ‌wirtschaftlicher‌ ‌Faktor.‌ ‌

‌Das‌ ‌‌Theater‌ ‌in‌ ‌der‌ ‌Klemme‌‌ ‌war‌ ‌weiterhin,‌ ‌mit‌ ‌einer‌ ‌jährlichen‌ ‌Produktion‌ ‌unter‌ ‌Franco‌ ‌Marini,‌ ‌fester‌ ‌Gast‌ ‌im‌ ‌TidA.‌ ‌Dazu‌ ‌hat‌ ‌sich‌ ‌die‌ Frauentheatergruppe‌ ‌‌Phenomena‌ ‌‌gesellt,‌ ‌die‌ ‌mit‌ ‌zwei‌ ‌Theaterstücken‌ ‌im‌ ‌Jahr‌ ‌brisante,‌ ‌mutige‌ ‌Frauenthemen‌ ‌aufgegriffen und‌ ‌thematisiert‌ ‌hat.‌ ‌Die‌ ‌Zusammenarbeit‌ ‌mit‌ ‌den‌ ‌Meraner‌ ‌Grund‌- und‌ ‌Oberschulen‌ ‌ist‌ ‌fixer‌ ‌Bestandteil‌ ‌des‌ ‌Theaters‌ ‌geworden.‌ ‌Immer‌ ‌wieder‌ ‌wurden‌ ‌Uraufführungen,‌ ‌auch‌ ‌von‌ ‌Auftragswerken,‌ ‌dargeboten, ‌Jazz-Abende,‌ ‌Lesungen,‌ ‌Diskussionsrunden‌ ‌zu‌ ‌den‌ ‌unterschiedlichsten‌ ‌Themen‌ ‌organisiert‌ ‌und‌ ‌es wurden sogar‌ ‌Neujahrsvorstellungen‌ ‌mit‌ ‌Abschlusswalzer‌ ‌auf‌ ‌der‌ ‌Freiheitsstraße‌ ‌gefeiert.‌ ‌Seit‌ ‌einigen‌ ‌Jahren‌ ‌bietet‌ ‌das‌ ‌TidA‌ ‌mit‌ ‌großem‌ ‌Erfolg‌ ‌auch‌ ‌regelmäßiges‌ ‌Kindertheater‌ ‌für‌ ‌Klein‌ ‌und‌ ‌Groß‌ ‌an.‌ ‌

Die‌ ‌Zeit‌ ‌verging‌ ‌fast‌ ‌wie‌ ‌im‌ ‌Flug.‌ ‌

Dann‌ ‌haben‌ ‌uns,‌ ‌im‌ ‌Abstand‌ ‌von‌ ‌wenigen‌ ‌Jahren,‌ ‌unsere‌ ‌zwei‌ ‌Theaterpioniere‌ ‌verlassen.‌ ‌
Das‌ ‌Ableben‌ ‌von Franco‌ ‌Marini ‌und‌ ‌vor‌ ‌allem‌ ‌der‌ ‌verfrühte‌ ‌Tod‌ ‌Rudi‌ ‌Ladurners‌ ‌haben‌ ‌das‌ ‌Theater‌ ‌sehr‌ ‌getroffen.‌ ‌Aber‌ ‌der Wunsch ‌und‌ ‌der‌ ‌Wille‌ ‌den‌ ‌Meraner‌ ‌Theatertraum‌ ‌weiterzuleben‌, ‌sind‌ ‌nicht‌ ‌verlorengegangen.‌ ‌Eine‌ ‌neue‌ ‌Führung‌ ‌hat‌ ‌sich‌ ‌gefunden‌ ‌und‌ ‌ein‌ ‌neues‌ ‌kreatives‌ ‌und‌ ‌organisatorisches‌ ‌Team,‌ ‌welches‌ ‌das‌ ‌Theater‌ ‌in‌ ‌die‌ ‌Zukunft‌ ‌lenken‌ ‌wird.‌

‌Das‌ ‌‌Theater‌ ‌in‌ ‌der‌ ‌Klemme‌‌ ‌und‌ ‌die‌ ‌‌Phenomena‌‌ ‌sind‌ ‌im‌ ‌ZeitTheater‌‌ zusammengeflossen‌ ‌und‌ ‌werden‌ ‌zukünftig‌ ‌einen‌ ‌künstlerischen‌ ‌Beirat‌ ‌stellen,‌ ‌welcher‌ ‌die‌ ‌künstlerische‌ ‌Leitung‌ ‌unterstützt‌ ‌und‌ ‌bereichert.‌ ‌Die‌ ‌frauenspezifischen‌ ‌Themen,‌ ‌das‌ ‌politische‌ ‌Engagement‌ ‌und‌ ‌das‌ ‌Interesse‌ ‌für‌ ‌das‌ ‌Kinder‌–‌ ‌und‌ ‌Jugendtheater‌ ‌sind‌ ‌Teil‌ ‌unserer‌ ‌Theateridentität‌ ‌geworden.‌ ‌

Die‌ ‌"Odyssee‌ ‌im‌ ‌Kellerraum‌" ‌des‌ ‌‌Theaters‌ ‌in‌ ‌der‌ ‌Altstadt‌‌ ‌geht‌ ‌weiter.‌

Erfolge in Zahlen

Die Statistik umfasst eine Spanne von 30 Jahren. In ihr spiegelt sich die sehr rege Tätigkeit wider.
Seit 1993 bis 2022 zählen wir 321.962 Besuche in 3.730 Aufführungen, davon waren 268 Eigenproduktionen.
Im Jahresdurchschnitt hatte das TidA 125 Aufführungen mit 10.902 Besuchen.
Einzig das Corona-Jahre 2020 und 2021 brachten einen drastischen Einbruch mit sich.